Der "Balajo" von Paris

 

balajo logoDie "rue de Lappe" verdankt seinen Namen einem Gemüsegärtner, Gérard de Lappe, welcher Grundstücke an dieser Stelle besaß. Für diejenigen die sich in die Stadt Paris, in das alte Paris, verliebt hatten, war die rue de Lappe die Strasse der auvergnats, der Bewohner der französischen Auvergne. Anfang des 20. Jahrhunderts drängte man sich in die rue de Lappe um sich zu amüsieren, um zu tanzen. 1930 entstanden 17 Tanzbälle in dieser Straße. Einer davon war der Bal Vernet mit der Hausnummer 9.

Dieser Bal Vernet war der Schmutzigste und Erbärmlichste von allen. Man konnte nicht mit dem Petit Balcon und besonders nicht mit dem Bousca mithalten welcher im Besitz zweier Tanzpisten, tadelloser Wände, mehrfarbiger Beleuchtung und Strolchen mitsamt ihren Damen war.

"Reichen Sie das Kleingeld" (Passez la monnaie), in der Mitte eines Musikstücks machte das Orchester eine Pause … Den Quersack deutlich sichtbar, den Arm gestreckt, erschien der Kassierer auf der Piste … 25 franz. Centimes kostete der Tanz bei Bousca …

Der neugierige Blick macht benommen… "Na, dann mal los", es geht weiter! Unglück denen die nicht bezahlt hatten, sie fanden sich Sterne sehend auf dem Bürgersteig wieder! Auf Nummer 32 in der rue de Lappe eröffnete ein gewisser Jo France, Jojo (von seinen Freunden "Jo" genannt) im Jahre 1932 ein kleines Kabarett, La Bastoche, als jüngster Wirt der Strasse.

Sein Glück, wenn man es so nennen darf, war der Umstand dass eine ermordete Frau im Hotel Vernet aufgefunden wurde. Anschließend gaben die alten Betreiber des Tanzballs Vernet ihr Lokal auf. Jo France erhielt daraufhin einen Pachtvertrag für dieses Lokal.

Im Lazarett Val de Grâce hatte sich Jo France mit einem talentierten Maler aus der Bretagne, Henri Mahé, angefreundet, welcher schon einige Freudenhäuser, so wie auch den Moulin Rouge, den Rex … dekoriert hatte. Jo wand sich an Riton la Barbouille, um den alten Bal Vernet umzudekorieren, aus dem ganz einfach der "Bal à Jo" wurde, LE BALAJO.

Der Ball öffnete zwei Mal: ein erstes Mal 1935, Mistinguett mit ihren schönen Beinen eröffnete ihn feierlich, das zweite Mal ein Jahr später.

In der Zwischenzeit kaufte Jo France die Möbelfabrik neben seinem Lokal auf.

1936 befindet man sich leider mitten im Generalstreik, der Front Populaire (Vereinigung von Kommunisten, Sozialisten und linken Radikalen) gewinnt die Regierungswahlen woraufhin die Arbeiter in ganz Frankreich hoffnungsvoll zum Streik antreten. Schwierig, zu diesem Zeitpunkt Arbeitskräfte  zu finden um Mauern zu bewegen. Mahé, immer noch mit der Dekoration beschäftigt, wickelt die Arbeit in 63 Tagen ab.

Die (zweite) Eröffnung fand am 18. Juni 1936 statt.

Louis Ferdinant Céline, Mahés Busenfreund, schrieb: "Sichtlich beeindruckt von der Qualität des Lokals kam ich aus dem Balajo heraus. Ein kleiner aber wahrer Erfolg des Geschmacks, des Zeitvertreibs, der Tücke und der schelmischen Poesie."

Ein großartiger Erfolg.

Das Akkordeon, damals revolutionierendes Volksinstrument sowie Instrument der Jugend, erhält Dank des Balajo seine Widmung und hat sich somit beim Volk eingebürgert.

"Auf dem Tanzball bemerkt man zahlreiche Prominente wie: Fräulein Arletty, Marlène Dietrich, Francis Carco, Pierre Lazareff, Abel Gance, Joseph Kessel, Marcel Aymé, der Amerikaner George Raft, Louis Ferdinant Céline, …".

Am Tag der französischen Kriegserklärung ans Deutsche Reich im Jahr 1939 schloss der Balajo seine Pforten. Seinen Betrieb nahm er erst 5 Jahre später wieder auf, am 24. Dezember 1944.

Der Balajo fuhr haargenau da weiter wo es vor dem Krieg aufgehört hatte, die alte Prominenz war pünktlich wieder eingetroffen, einige verspäteten sich um einen Tag, je nachdem: la Miss, Maurice Chevalier, Arletty, Jean Gabin …

balajo privatjr smallDie Toupie (= Kreisel), heute ein Klassiker der Tanzes und der Musette, wurde von Jo Privat erschaffen. Es handelt sich hier um einen Walzer bei dem man sich im hohen Tempo dreht ohne sich von der Stelle zu bewegen; der Beweis, die Virtuosen tanzen die Toupie auf einem runden Kneipentisch

Neue Persönlichkeiten besuchten das Lokal: Edith Piaf feierte ihre Hochzeit mit Jacques Pils in einem reservierten Eck des Balajo bevor sie Marcel Cerdan mitbrachte, Django Reinhardt, der Genie auf der Gitarre, Francis Lemarque, in der Strasse geboren, widmete eines seiner Werke der rue de Lappe, Moloudji, Grégory Peck, Robert Mitchum aus Hollywood, ein Trinkgeselle von kräftiger Statur, Sophia Loren, Rita Hayworth, so schön wie der ganze Ball welcher verstummte wenn sie eintrat, Jo Privat komponierte zu ihren Ehren einen Tanz.

Brigitte Bardot soll eines Tages inkognito ins Lokal gekommen sein, und Auguste Le Breton, treuer Freund, bekannter Autor von "Du Rififi chez les hommes, Razzia sur la chnouf, Le rouge est mis…".

Und die Ewigen, die Hartgesottenen: Dédé les Diams, Riton les Pieds Pourris, Pierrot la Bonne Gâche… Kurz ! Ganz Paris…

Yves Didou verfasste mit Hilfe von Jean Deschamps (große Wirte zu jener Zeit, nach Jo France) folgende Philosophie:

"Jeder kam, kommt oder wird ins Balajo kommen".

Jo Privat präsidierte die melodischen Veranstaltungen. Er begleitete Philippe Clay, ein romantischer Sänger.

1982 - Rober Lageat und sein Sohn Jacques, alias Jacky Corn, großer Catch-Champion, machten aus dem Balajo einen der angesagten Orte in Paris wobei er das authentische und originale Dekor des Lokals beibehielt.

1994 trat Jacques Lageat, unterstützt von den beiden Ex-Catchern Rémy Bayle und David Schmid (genannt Schmitago), unbestreitbarer Star der rue de Lappe, die Nachfolge seiner berühmten Vorgänger an.

Der Balajo, mehr als nur eine Institution, ist seinem Genre entsprechend ein spezifischer und einzigartiger Ort wo sich die Amateure des Tanzes in einem typischen und einzigartigen Ambiente wiederfinden.

Dies dank seines Dekors welches ihrer Vorstellung nach getreu der Tradition aus vergangener Zeit ist sowie dank angemessener moderner Musik.

Extrait du livre Robert Des Halles, R. LAGEAT (JC Lattès)

Offizielle Internetseite : www.balajo.fr